04.04.2018

Warmherzig und mutig: Darmstadt trauert um Johanna Fränkel von der Jüdischen Gemeinde

Darmstadt

Darmstadt trauert um Johanna Fränkel (1925-2018), Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde Darmstadt und viele Jahre auch deren stellvertretende Vorsitzende. Sie ist in der Nacht von Montag auf Dienstag im Krankenhaus gestorben. „Mit Hanka Fränkel verliert Darmstadt, verliere auch ich ganz persönlich eine gute Freundin“, erklärte Oberbürgermeister Jochen Partsch am Dienstag.

„Hanka Fränkel gehörte zu den warmherzigsten Menschen in unserer Stadt; ihre Lebensfreude, ihre Energie, ihr Mut und ihr Witz strahlten weit über die Jüdische Gemeinde hinaus. Wo sie war, war Licht – und dies nach den dunkelsten Erfahrungen, die ein Mensch machen kann“, so der Oberbürgermeister.

Gerade erst dem Vernichtungslager entronnen, haben Hanka Fränkel und ihr Mann Josef nach 1945 die Jüdische Gemeinde Darmstadt aufgebaut. Auch ihrem Einsatz ist 1988 der Bau der Neuen Synagoge zu verdanken und, nach 1989, die einmalige und vorbildliche Integration jüdischer Bürger, die aus Russland nach Darmstadt gekommen waren. „Immer, wenn es schwierig war, immer wenn schnell und pragmatisch Hilfe gebraucht wurde, dann war Hanka Fränkel da, ohne große Worte zu machen“, so der OB. 

Mit ihrem Tagebuch in Schulen unterwegs

Die älteste Shoah-Überlebende Darmstadts war in der Stadt sehr präsent gewesen. So hat sie mehr als 20 Jahre lang in der Gemeinde in der Wilhelm-Glässing-Straße große, bewegende Ausstellungen zur Geschichte der Juden in Darmstadt und Umgebung organisiert. 

Vor allem die Begegnungen mit jungen Menschen lagen der liebenswerten Frau am Herzen. Damit leistete sie einen unschätzbaren Beitrag zur Erinnerungskultur und zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. So war sie noch im vergangenen Jahr in Darmstädter Schulen unterwegs, wo sie Schülern erlaubt hatte, aus ihrem 1999 entstandenen Tagebuch „Die Reise nach Krakau“ zu lesen. Darin erzählt Johanna Fränkel nicht nur von ihrer Zeit im Konzentrationslager und der Zwangsarbeit in der Munitionsfabrik, sondern auch, wie sie 1925 ihren Mann im Konzentrationslager Groß-Rosen kennenlernte. 

Josef Fränkel (1920-1994) hatte von Anfang der 1950er Jahre bis zu seinem Tod den Vorsitz der Jüdischen Gemeinde Darmstadt inne. Mit ihm und seiner Frau Hanka erlebte das jüdische Leben in Darmstadt einen neuen Auftrieb. 

Wie für viele Juden, die das KZ überlebten, waren auch für Hanka Fränkel Kinder das Wichtigste. „Hanka war die Seele der Jüdischen Gemeinde, sie war deren Mutter und Großmutter“, so ein enger Freund der Verstorbenen. „Kinder waren ihr ein und alles und haben sie immer wieder aufs Neue inspiriert.“

Auch Jochen Partsch betont: „Wir sind dankbar, dass wir an diesem bewundernswert gelebten Leben teilhaben durften, und wir sind traurig, dass es nun geendet hat. Unsere Gedanken gehören ihrer Familie, allen Freunden und Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde.“ 

Am Donnerstag, 5. April, um 13.30 Uhr, ist die Trauerfeier für Johanna Fränkel auf dem Jüdischen Friedhof in der Seekatzstraße.

(Bildquelle: echo-online.de)

 

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