Zum Tod von Moritz Neumann (68)
Nach dem Tod des Journalisten, ehemaligen Magistratsmitglieds und Vorsitzenden der jüdischen Landesgemeinden in Hessen, Moritz Neumann, in der Nacht von Mittwoch (22.) auf Donnerstag (23.) hat Oberbürgermeister Jochen Partsch die Verdienste Neumanns um die Stadtgesellschaft und die jüdische Gemeinde in Darmstadt gewürdigt und der Familie sein tiefes Beileid in dieser für sie schwierigen Zeit ausgesprochen.
„Die Nachricht vom Tod Moritz Neumanns hat mich am heutigen Morgen erreicht und tief betrübt. Mit Moritz Neumann verliert unsere Stadt nicht nur einen Freund und besonnenen Ratgeber, sondern vor allem auch einen wichtigen Fürsprecher für Versöhnung, Toleranz und das kulturell-politische Gemeinwohl unserer Stadt. Moritz Neumann war jedoch mehr als nur ein verdienter und engagierter Bürger unserer Stadt. Er war Kopf, Herz und Seele der Jüdischen Gemeinde Darmstadts, die wiederum ein wichtiger Bestandteil unserer Stadtgesellschaft ist. Als Journalist und Kommunalpolitiker hat er zu den wichtigen Fragen unserer Zeit stets klare Standpunkte bezogen und diese auch von anderen eingefordert. Sein entschiedenes Auftreten gegen Antisemitismus und Rassismus, sein Engagement für Verständigung, Toleranz und ein freiheitliches, solidarisches Miteinander waren für ihn selbstverständlich. Er hat in der Jüdischen Gemeinde Darmstadts, in seiner Stadt Darmstadt und in der jüdischen Gemeinde Hessens und Deutschlands nachdenklich und engagiert für Dialog und Versöhnung gewirkt und ist dem neuen und alten Antisemitismus unerschrocken entgegen getreten. Mit seinem Lebenswerk hat Moritz Neumann bewiesen, dass Dialog und Versöhnung gelingen können. Wir Darmstädter werden die Leistungen Moritz Neumanns niemals vergessen und sein Andenken hoch halten. Seiner Familie wünsche ich viel Kraft in dieser schwierigen Zeit“, so der Oberbürgermeister.
Moritz Isidor Neumann wurde am 07. April 1948 in Fulda geboren. Er absolvierte nach seinem Schulabschluss ein Volontariat bei der „Fuldaer Volkszeitung“, danach folgten Redakteur- und Korrespondententätigkeiten für Hörfunk und Fernsehen, aber auch bei verschiedenen Verlagshäusern in Hessen, so etwa beim „Darmstädter Tagblatt“ und dem „Darmstädter Echo“.
1980 wurde Moritz Neumann zum Geschäftsführer des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen berufen, 1994 wurde der Vater dreier Kinder zum Vorsitzenden gewählt. Parallel dazu war er ehrenamtlich in verschiedenen Kuratorien und als Mitglied in der Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen engagiert. Seit 1994 war Neumann Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutschland und seit dem Jahr 2000 Mitglied des European Jewish Congress.
Seit über drei Jahrzehnten ist Neumann in der Jüdischen Gemeinde Darmstadt engagiert, deren Vorsitz er seit 1991 bis zu seinem Tod innehatte. Sein Engagement gilt der Vermittlung von Kenntnissen über die jüdische Religion und ihre Traditionen, die er in früheren Jahren durch zahlreiche Schulveranstaltungen und in der monatlichen Sendereihe des Hessischen Rundfunks „Aus der jüdischen Welt“ weiter gab. Der Wiederaufbau der Synagoge in Darmstadt war für die Jüdische Gemeinde und für die Stadt Darmstadt ein Projekt, das von allen Parteien und der Bürgerschaft gemeinsam getragen wurde. Hier hat sich Moritz Neumann in herausragender Weise engagiert und durch seinen kompetenten Rat richtungweisend an der Realisierung des Projektes mitgewirkt. Mit der Einweihung der Synagoge am 9. November 1988 veränderte sich auch das Gemeindeleben: Synagogenführungen, Bildungsveranstaltungen über jüdisches Leben, kulturelle Angebote, Konzerte, Vorträge, Ausstellungen kamen wesentlich durch den Einsatz von Moritz Neumann zustande. In seiner Amtszeit hat sich die Gemeinde auf 800 Mitglieder vor allem durch den Zuzug russischer Juden vervierfacht. Kommunalpolitisch war Neumann von 1997 bis 2006 als ehrenamtliches Mitglied des Magistrats der Wissenschaftsstadt Darmstadt engagiert.
Für die von ihm betriebene Kontaktpflege zu den ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern Darmstadts erhielt Moritz Neumann im Jahr 1982 die Freundschaftsplakette der Wissenschaftsstadt Darmstadt. Sein Engagement und seine Aufklärungsarbeit innerhalb der Jüdischen Gemeinde Darmstadt wurden im Jahr 2006 mit dem Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Für sein Wirken um das kulturelle und gesellschaftliche Leben in Hessen und sein Beitrag zu einer Verständigung der Religionen erhielt er im Jahr 2011 die Wilhelm-Leuschner-Medaille, die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Anfang des vergangenen Jahres erhielt Neumann mit der Silbernen Verdienstplakette die höchste Auszeichnung der Wissenschaftsstadt Darmstadt.
(Bildquelle: Darmstadt.de)