06.02.2015

Moritz Neumann erhält Darmstadts höchste Auszeichnung: Verdienstplakette der Stadt für den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Darmstadt

Darmstadt

„Wir würdigen die jahrzehntelange Arbeit Moritz Neumanns für Versöhnung, Toleranz und das kulturell-politische Gemeinwohl unserer Stadt“, sagte Oberbürgermeister Jochen Partsch. Gewürdigt wurde vor allem aber auch der Mensch Moritz Neumann.

Der werdende Vater Hans Neumann bekam 1948 einen Brief seiner Schwester. „In Deutschland“, schrieb Annemie, „wird es keine jüdischen Kinder mehr geben. Das kann niemand seiner ermordeten Familie antun, dass er in diesem Land wieder Kinder in die Welt setzt.“ Kurz darauf kam Moritz in Fulda zur Welt. Ein jüdisches Kind mitten in Deutschland.

Diese Szene auf den letzten drei Seiten des Buches, das Jahrzehnte später Moritz über seinen Vater Hand verfasst hatte, stellte Oberbürgermeister Jochen Partsch an den Anfang seiner Laudatio. Ein literarisch-biografischer Auftakt für eine besondere Veranstaltung: Moritz Isidor Neumann (66), der Geehrte, fand die Rede dann auch „sehr schön. Ich könnt' stundenlang weiter zuhören“, resümierte er.

Seine Tochter habe die briefliche Einladung zur Veranstaltung geöffnet und spontan herausgelassen: „Was – noch `ne Ehrung?“ Tatsächlich ist die Silberne Verdienstplakette der Stadt – immerhin deren höchste Auszeichnung – Teil einer langen Reihe von Ehrungen für Neumann, wozu auch die Verleihung des „Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ zählt (2006).

Ein Leben als Jude in Deutschland. Das ist, gerade in der Generation der kurz nach 1945 Geborenen, ein steter, kräftezehrender Balanceakt zwischen Vergangenheit verkraften, Erinnerung bewahren und Zukunft bewältigen. In den vergangenen Jahrzehnten habe sich Neumann, so Partsch, als „streitbarer Demokrat und moralische Instanz“ profiliert, die Streitfähigkeit und -lustigkeit aber immer eingebettet in ein „entschiedenes Auftreten gegen Antisemitismus und Rassismus, für Verständigung, Toleranz und ein freiheitliches, solidarisches Miteinander“. Zusammengefasst: „Wir Darmstädter sind froh, einen wie Moritz Neumann in unsere Mitte zu haben.“

Der Journalist und Autor Neumann habe seine eigentliche Lebensaufgabe dann – seit 1991 – als Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Darmstadts gefunden, deren „Kopf, Herz und Seele“ er sei, so Partsch. Die jüdische Interessenvertretung durch Neumann reicht allerdings weit über diesen lokalen und regionalen Rahmen hinaus.

1980 bereits wurde Neumann zum Geschäftsführer des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden in Hessen berufen, 1994 dort zum Vorsitzenden gewählt. Seit 1994 ist er zudem Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutsch-land und seit 2000 Mitglied des European Jewish Kongress.

Den ausführlichen Artikel über die Ehrung Moritz Neumanns finden Sie auf den Seiten von Echo-Online oder in unseremArchiv (PDF, 755 KB)

  

(Bildquelle: Echo-Online.de)

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