17.07.2012

Juden und Muslime in Darmstadt: „Beschneidungs-Urteil ist für uns eine Katastrophe“

Darmstadt

Mit Vorhaut oder ohne? Für muslimische und jüdische Religionsvertreter eine Frage von elementarer Bedeutung. Kölner Richter hatten die Beschneidung kleiner Jungen als Straftat gewertet. Manche Kinderärzte sehen den rituellen Eingriff ähnlich kritisch.

Das Urteil des Kölner Landgerichts sei für andere Gerichte nicht bindend, betont Daniel Neumann. „Aber die Richtungsweisung“, fügt der Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde in Darmstadt hinzu, „ist für uns eine Katastrophe. Wenn Beschneidungen in Deutschland für strafbar erklärt und von Staatsanwälten und Gerichten verfolgt werden, würde jüdisches Leben in Deutschland praktisch unmöglich gemacht.“

Die Brit Mila, also die Beschneidung jüdischer Jungen am achten Tag nach der Geburt, „ist für die Juden von absolut elementarer Bedeutung“, erklärt Neumann, „ein grundlegendes Ritual unserer Religionsausübung“.

Die Vorschrift geht auf das 1. Buch Mose zurück, das auch das christliche Alte Testament eröffnet (mehr auf dieser Seite). „Die Beschneidung ist das Zeichen für den Eintritt in den Bund mit Gott“, sagt Neumann, der auch Geschäftsführer des Landesverbands Jüdischer Gemeinden in Hessen ist. Grundlage für die Identität und Zugehörigkeit zur Gemeinschaft: Die Entfernung der Vorhaut am achten Lebenstag habe jederzeit Vorrang, sogar am Sabbat oder Jom Kippur – dem wöchentlichen Ruhetag und dem höchsten jüdischen Feiertag. Ausnahmen gibt es nur aus medizinischen Gründen.

Ausgeführt wird der Eingriff in der Regel vom Mohel, einem in der Praxis der Brit Mila ausgebildeten professionellen Beschneider. Der Mohel bringt sein steriles Werkzeug mit zur Operation in die Wohnung der Familie oder in die Synagoge. „Das ist eine Sache von fünf Minuten“, weiß Neumann, „die Wunde ist nach einer Woche verheilt.“ Von Komplikationen habe er noch nie gehört.

Aus Neumanns Sicht geht es bei der Beschneidung „um das religiöse Selbstbestimmungsrecht, in das sich der Staat nicht einmischen darf. Das Einwilligungsrecht wird von den Eltern stellvertretend für das Kind ausgeübt.“

Den ausführlichen Artikel über die Empörung zum Beschneidungs-Urteil des Kölner Landgerichtes finden Sie auf den Seiten von Echo Online.

  

(Bildquelle: echo-online.de)

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